Street Art in Lüttich

Legal, illegal – ist das egal? Bei einer sehr interessanten und auch unterhaltsamen Stadtführung durch Lüttich, haben wir uns mit dieser Frage beschäftigt. Uns war schon klar, dass die Bewegung der Street Art ja eigentlich aus dem Untergrund stammt. Dass der Begriff Street Art aber erst so um die 2000er herum als Vermarktungs-Idee geborgen wurde, war mir allerdings gar nicht so bewusst. Wie dem auch sei: Lüttich hat jedenfalls gut daran getan, die Szene zu unterstützen und somit auch ein bisschen Einfluss zu nehmen und die Entstehung dieser Kust zu lenken. Im Laufe der letzten Jahre entstand so nicht zuletzt durch das Programm Pallis’art ein toller Street Art Parcours durch die Stadt. Hier zeige ich euch einige Beispiele, die man gut erlaufen kann. Einen praktischen Lageplan findet ihr übrigens hier.

Wenn ihr Interesse an Street Art habt und einen Besuch in Lüttich plant, so kann ich euch Brigitte Halmes als Guide nur empfehlen. Sie hat sich wirklich tief in die Szene eingearbeitet, kennt viele Akteur*innen und reflektiert auch lokale Entwicklungen auf kluge Weise. Wir sind viel gelaufen und vor allem im Stadtviertel Outremeuse gibt es viel zu entdecken, das sich lohnt.

Für mich ja immer das Spannendste: wenn sich plötzlich über Nacht das Stadtbild verändert und ein neues Wandbild das Licht erblickt. Aber sind wir mal ehrlich. Solche Banksy-Auftritte mit richtig aufwändigen Pieces gibt es doch eher selten, will ich meinen. Meist sind es die schnellen Tags, die wie so eine Art Duftmarke hinterlassen werden und je schwieriger die Stelle zu erreichen ist, desto größer ist der Ruhm. Natürlich sind auch die obligatorischen Bahnen ein Objekt, das viele Künstler der Szene begehren. In Lüttich, so erzählt uns Brigitte Halmes, gab es einen Aufschrei, als ein Wagen der nigelnagelneuen Stadtbahn bemalt wurde. Und die fährt noch nicht mal!!! Sowas!

Ich gebe zu, große Wallpaintings sind immer wieder ein Hingucker. Und davon gibt es in Lüttich einige mit direkten Bezügen zur Umgebung. Sei es gegenüber der Akademie für Photographie gelegen mit einer Hommage an Hubert Grooteclaes oder jüngst mitten im Outremeuse gelegen das große Wandbild mit dem berühmtesten Kommissar der Stadt (Michaël Nicolaï und Olivier Hoffait mit Soke), an dem gleich ein ganzes Kollektiv an Streetartisten mitgestaltet hat . Eines der spektakulärsten Wandbilder habe ich mir für meinen nächsten Besuch in Lüttich aufgehoben – entlang der Maas erstreckt sich über mehrere Fassaden ein liegender Mann – geschaffen von SozyOne und Spray Can Arts. Einen Eindruck von ihm bekommt ihr hier.

Zwei außergewöhnliche Wandgemälde möchte ich euch nochmal kurz näher vorstellen. Das eine seht ihr auf Bild 11. Man muss schon sehr genau hinsehen, sonst übersieht man es. Oder denkt, es sei eine nicht ordentlich gestrichene Stelle auf der Fassade des hohen Administrationsgebäudes. Der Bau entstammte den 60er Jahren und war ein ziemlicher Aufreger in der Stadt, weil Hochhäuser eigentlich verboten waren. In die Jahre gekommen und in einem miesen energetischen Zustand stand es zuletzt einige Jahre leer, ehe man viel Geld in die Hand genommen hat, um es zu sanieren. Vor allem die Fassade wurde unter Nachhaltigkeitskriterien umgebaut. Dabei ging auch ein Wandgemälde verloren, das im Rahmen eines Kunstprojektes von Nicolas Kozakis initiiert wurde. Es ist der Umriss des Eingangs zur Geburtshöhle Christi, der sich auf einer Miniatur eines griechischen Mönchs befindet. Kozakis fand es passend, da man in dem Gebäude früher auch die Geburt der Kinder registrieren ließ. Prima, dass man die Arbeit nach der Renovierung wieder aufgebracht hat. Allerdings leider mit einer Farbe, die sich nur bei bestimmten Lichtverhältnissen erkennen lässt. Nun ja, jetzt kennt ihr das Geheimnis.

Auch spannend ist die Arbeit, die ihr auf Bild 30 und 31 seht. Hier hat der holländische Künstler Dazetwo zwei Raben dargestellt. Der eine hockt auf einer dystopischen Landschaft mit lauter Elektroschrott und der andere scheint im Paradies angekommen. Zwischen den beiden Bildern sieht man noch einen Faden gespannt – leider ist der Brief ,mittlerweile verschwunden, der aus der Zukunft in die Gegenwart geschickt wurde. Ein schönes Bild, das im Rahmen eines Euregio Projektes entstanden ist. Eigentlich schade, dass die Sporthalle wohl irgendwann abgerissen wird. Aber das ist ja sowieso das Schicksal dieser Kunst – sie ist oft nur temporär. Umso größer ist das Glück, wenn man ihr begegnet.

Damit endet meine Tour zur Street-Art in Lüttich. Was wir in Lüttich sonst noch gemacht haben, lest ihr bei den Herbergsmüttern drüben.


Transparenzhinweis: Auch hier gilt mein herzlicher Dank Visit Wallonia, die uns die Unterkunft und alle Reisekosten bezahlt, die tolle Street Art Führung organisiert haben und on top noch ein kleines Honorar gezahlt haben. Vielen Dank für die Einladung zur #KultourWallonie

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Kommentare

4 Antworten zu „Street Art in Lüttich“

  1. Avatar von Ute

    Ach wie schön, dass ich den Walk hier nochmal mit dir mitmachen konnte. Das war wirklich super. Ich bin ja nicht so die Streetart-Auskennerin, aber mit der Expertise von Brigitte Halmes war das wirklich hochspannend!

    1. Avatar von Kulturtussi
      Kulturtussi

      Ich war auch positiv überrascht. Toll, wenn sich jemand tiefer mit den Hintergründen befasst.

  2. Avatar von Wibke
    Wibke

    Das war eine rundum verblüffende und inspirierende Führung – ein würdiger Abschluss unserer KultourWallonie!

    1. Avatar von Kulturtussi
      Kulturtussi

      Das war es wirklich. Und ich bin da bekanntermaßen durchaus kritisch 🙂

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